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Burnout - na endlich?!

18.05
Andreas Kemmerer

Haben Sie auch oft das Gefühl, sich gehetzt und zerrissen zu fühlen zwischen äußeren Anforderungen, Verpflichtungen, Erwartungen und dem eigenen Bedürfnis nach Erholung, Freizeit und Autonomie?

Unser Alltag beschleunigt sich immer mehr. Das Leben scheint gleichzeitig immer komplexer zu werden. Viele technische und digitale Hilfsmittel sollen uns dabei helfen, dies zu bewältigen. Immer mehr Dinge sollen dadurch in noch kürzerer Zeit bearbeitet werden. Wir sind ständig erreichbar. Doch führen diese wiederum zu einer gewaltigen Zunahme von Informationen, Schnelligkeit und Ruhelosigkeit. Innehalten und Erholen durch Reduzierung von Reizen und Anforderungen wird in unserer modernen Gesellschaft immer schwieriger. Für den eigenen privaten, geschützten Erlebnisraum, in dem wir noch in Kontakt mit uns selbst sind, gibt es immer weniger Platz. Dies wirkt sich erheblich auf unsere psychische und körperliche Verfassung aus. Es sind vor allem die Leistungsträger und sozial engagierten Menschen in unserer Gesellschaft, deren Gesundheit dadurch besonders gefährdet ist. Mehr Menschen als je zuvor sind an dem Punkt angekommen, wo “nichts“ mehr geht - oder sie sind dabei, sich diesem anzunähern. Wenn dieser Punkt erreicht ist, sprechen wir vom Burnout-Syndrom.

Typische Symptome für Burnout sind eine überwältigende Erschöpfung, das Gefühl der eigenen Wirkungslosigkeit, Gereiztheit, Gefühle des Versagens, mangelndes Interesse an beruflichen und privaten Aufgaben, dauerhafte Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und wechselnde Stimmungen. Der Körper reagiert oft mit Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und Magen,-Darmbeschwerden. Über diese Internet-Adresse können Sie einen Selbst-Test herunterladen und herausfinden, ob und wie stark Sie Burnout-gefährdet sind: www.loesungen-erschliessen.de/downloads Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Stress. Doch was bedeutet Stress? Der Neurowissenschaftler Prof. Manfred Spitzer sagt, dass Stress nicht heißt, dass ich viel zu tun habe. Es kann sein, dass ich eine lange To-Do-Liste habe und mich nicht unbedingt gestresst fühle. Stress, wie wir ihn als belastend empfinden, bedeutet Kontrollverlust. Wir haben das Gefühl, unsere Verpflichtungen einfach nicht mehr bewältigen zu können. Wir fühlen uns dauerhaft von unseren Aufgaben überwältigt. Etymologisch kommt der Begriff bewältigen von "walten", dies steht mit "herrschen, mächtig, bevollmächtigt-sein" im Zusammenhang. Wir haben unsere Vollmacht und den Überblick des "Walters" über unser Leben verloren. Wir fühlen uns ohnmächtig, ohne Macht. Wir versuchen es dann durch erhöhten Energie-Einsatz doch irgendwie zu schaffen. Wir geben alles, um die Kontrolle über die Flut von innerlich erlebten Anforderungen wieder zu erlangen - bis unsere Ressourcen letztendlich aufgebraucht sind. Dies ist ein schleichender Prozess, der oft über mehrere Jahre hinweg stattfindet. Wir können von einem Burnout-Syndrom sprechen, wenn, bildlich gesprochen, unsere Batterien irgendwann tiefenentladen sind. Wozu sind wir aufgefordert, wenn wir ausgebrannt sind? Auf welches seelische Defizit werden wir hingewiesen? Der Körper zeigt uns unmissverständlich, welche Bedürfnisse in der vergangenen Zeit zu kurz gekommen sind und was jetzt notwendig ist - was also die Not wendet. Alles was mit Arbeit und Anforderung zu tun hat, überfordert uns. Auch wenn wir jahrelang mit jeder Grippe arbeiten gegangen sind, können wir nun nicht mehr anders, als uns krankschreiben zu lassen. Wir verlieren die Lust, uns mit Freunden und Verwandten zu treffen. Wir ziehen uns aus dem sozialen Leben zurück. Wir wollen in Ruhe gelassen werden. Wir haben ein "bodenloses" Erholungsbedürfnis, das nicht mehr durch zwei oder drei Wochen Urlaub ausgeglichen werden kann. Kurz gesagt: Wir funktionieren nicht mehr wie gewohnt. Auch, wenn wir lange Zeit oder schon immer den Eindruck vermittelt haben, alles im Griff zu haben, müssen wir plötzlich Schwäche zeigen. Auf einmal müssen wir Aufgaben abgeben. Andere übernehmen diese nun. Wir werden dazu gebracht, Kontrolle abzugeben. Wir müssen anderen gegenüber "nein" sagen. Die Welt muss ohne uns klar kommen. Wir werden dahin gedrängt, unsere eigenen Ansprüche an uns selbst und das Bedürfnis nach äußerlicher Anerkennung nach unten zu korrigieren. Es geht nun darum, loszulassen.

In der modernen Psychotherapie geht man davon aus, dass wir nicht nur eine Persönlichkeit oder ein Ich sind, sondern, dass wir aus einer Reihe von Ich-Seiten oder Persönlichkeits-Anteilen bestehen. Man spricht hier davon, dass jeder 5 bis 15 solcher Seiten, sogenannte Ego-States besitzt. Je nach Rolle, Absicht oder Situation kommt dann eine bestimmte Seite von uns zum Vorschein. Bei einem Burnout war lange Zeit das "funktionale Ich" sehr stark im Vordergrund. Es hat die Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und zum Wohle anderer zu funktionieren. Es sorgt einfach dafür, dass wir pflicht- und erwartungsgemäß funktionieren, auch, wenn wir dabei eine Fassade aufbauen müssen. Das hat jedoch seinen Preis. Denn auf der anderen Seite kommt hierbei das "Seins-Ich", unsere authentische, emotionale und bedürftige Seite zu kurz. Diese Seite wurde dann lange nicht genügend beachtet und ist mangels Nahrung "ausgehungert". Nun könnte das Burnout-Syndrom als ein wichtiger und überaus intelligenter Korrektur-Mechanismus gesehen werden. Es hilft uns dabei, unser Leben neu auszurichten und dringend erforderliche Entwicklungsschritte zu gehen. Das Burnout-Syndrom sorgt dafür, dass diese vernachlässigte und bedürftige Seins-Seite wieder Raum bekommt und genährt wird. Das leistungsorientierte funktionale Ich (das viel Respekt und Wertschätzung verdient) muss dagegen in den Hintergrund treten und zwangsläufig seinen "Allein-Herrschafts-Anspruch" aufgeben. Würde diese Ausgleichsbewegung nicht geschehen und die Notbremse nicht gezogen werden, würde König "funktionales Ich" das ganze System in den völligen Ruin "regieren".

Wenn wir wieder die Vollmacht, die volle Macht über unser Leben bekommen und über unser Leben "walten" möchten, ist es unumgänglich, unsere authentische "Seins-Seite" zu berücksichtigen. Jetzt haben wir die Chance, ein vollständigeres, ganzes Leben zu führen, in dem wir mehr im Einklang mit Körper, Seele und Geist sind. Wir können dann lernen, die Erwartungen, die von außen an uns herangetragen werden, mit unserem Befinden und unserem intuitiven Gespür abzugleichen. Es kann dann weitgehend möglich sein, das Äußere mit unserem Inneren und umgekehrt in Übereinstimmung zu bringen. Viele meiner "ausgebrannten" Klienten sind, nachdem sie bestimmte innere Schritte gegangen sind, sogar dankbar für ihr Burnout. Es wird, auch wenn es am Anfang eine große Krise und viel Leiden mit sich bringt, später als ein persönlicher Leibwächter gesehen, der für eine weitaus höhere Lebensqualität sorgt. Es wird von Betroffenen oft berichtet, dass sie durch diese "Symptomatik" endlich wieder Zugang zu sich selbst gefunden haben. Dies kann sich z.B. in mehr Kreativität, Muse, innerer Freiheit, einem achtsameren Umgang mit dem Körper und einem neuen Bezug zur Natur, anderen Menschen und zur eigenen Spiritualität äußern. Die Situation von Burnout-Betroffenen kann sehr gut mit einem Zitat von Hermann Scherer zusammengefasst werden: „Für viele Menschen ist ein Zusammenbruch das letzte, aber möglicherweise funktionierende Mittel, die Kurve zu bekommen.“ Wer ein Burnout-Syndrom hat oder Burnout-gefährdet ist, sollte sich nicht davor scheuen, sich psychotherapeutische Hilfe zu holen. Gerade wenn jemand vor diesem Umschwung und im Prozess der Neuorientierung steht, in dem die Ängste des Loslassens, die Trauer über Versäumtes und die Ungewissheit der Zukunft kommen, ist ein erfahrener und einfühlsamer Begleiter unumgänglich.

Andreas Kemmerer Praxis für Coaching und Therapie in Oberursel www.loesungen-erschliessen.de

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