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Die Führung von hybriden Teams ist die Königsdisziplin: Denn hier treffen analoge, digitale und New Work-Anforderungen aufeinander

03.11
Saskia Eversloh

Faircoach-Redaktion: Mit den zwischenzeitlichen Corona-Lockerungen ist hybride Teamführung zu einem der Top-Themen bei unseren Kunden geworden, welche Entwicklungen beobachten Sie?
Veränderungsmanagerin Saskia Eversloh:
Zurück ins Büro ist ja jetzt für viele ein bisschen wie endlich wieder nach Hause kommen und die Bürofamilie treffen – und so manche Führungskraft freut sich, ihre Mitarbeitenden wieder persönlich im Blick zu haben. Andere wiederum würden gerne weiter im Homeoffice oder auch ortsungebunden mobil bzw. remote arbeiten.
Unternehmen stoßen tendenziell eher kostspielige Büroflächen ab, die sie vor Corona noch mit aufwändigen Open Space- und Kollaborations-Konzepten eingerichtet hatten. Behörden wollen Umfragen zufolge wieder vermehrt auf den staatlichen Schreibtisch und die Eingrenzung von örtlicher und zeitlicher Flexibilität setzen.
Aber auch wenn Organisationen tendenziell unterschiedlich mit den Lockerungen umgehen, Tatsache ist, dass sich nach dem „New Normal“ im Dauer-Homeoffice jetzt gemischte Teams etablieren, die von Zuhause aus und im Büro arbeiten: Einer repräsentativen Bitkom-Studie zufolge wird im „Next Normal“-Arbeitsalltag mehr als jede/r dritte Beschäftigte in Deutschland im Homeoffice arbeiten – Tendenz steigend.

Frau Eversloh, im internationalen Wettbewerb ist die standortübergreifende und digitale Zusammenarbeit ja schon lange üblich. Sie selbst arbeiten seit 15 Jahren mit virtuellen und hybriden Teams ...
Ja, es hat mich im ersten Moment auch überrascht, wie wenig virtuelle und hybride Teamführung bislang in der Führungskräfteentwicklung etabliert waren. Mein erstes Seminar zur digitalen Teamführung hatte ich 2007 als ich die Zentralredaktion einer internationalen Kommunikationsagentur mit aufgebaut habe: Diese setzte sich aus analogen, virtuellen und hybriden Teams zusammen, die sich je nach Kunden, Aufträgen und Projekten formierten.
Aber was in Agenturen, Beratungen und in der Forschung, also bei sogenannten Wissensdienstleistungen, schon lange üblich ist, wurde in der Breite erst durch die Pandemie forciert: Den Homeoffice-Studien der Universität Konstanz zufolge waren vor Ausbruch der Pandemie nur 15 Prozent der Beschäftigten in Deutschland regelmäßig von Zuhause aus tätig und haben dort auch strukturiert gearbeitet.

Was genau macht denn Ihrer Meinung nach ein strukturiertes Homeoffice- oder Remote-Team aus – und was unterscheidet es von hybriden Teams?
Es ist eben ein großer Unterschied, ob man einmal pro Woche ein Arbeitspäckchen mit nach Hause, auf eine Zugfahrt oder sonst wohin mitnimmt, wo man frei von Meetings, Anrufen, Besuchen arbeiten kann – oder ob ganze Teams und Abteilungen auf Dauer digital zusammenarbeiten und dem entsprechend geführt und motiviert sein wollen.
Bei hybriden und zudem zeitlich flexibel arbeitenden Teams ist es ähnlich wie in der internationalen Zusammenarbeit mit verschiedenen Zeitzonen: Für eine asynchrone Teamarbeit ist eine besonders klare Führung mit konkreten Zielen und zeitlich festgelegten Zwischenschritten unerlässlich. Ebenso wie die allgemein zugängliche und aktuelle Dokumentation der Arbeitsergebnisse und Offenlegung der nächsten Schritte – womöglich auf mehreren Kanälen: zum Beispiel am analogen Scrum-Board und auf der digitalen Sharing-Plattform.
Auch für Team-Geist und Motivation sind hybride Teams eine Herausforderung: Allein die verschiedenen Ansprüche, wer in Zukunft wie oft remote und zeitlich flexibel arbeiten will und darf und wer nicht. Das war ja schon immer ein heikles Thema ... Deshalb empfiehlt es sich, gemeinsam Spielregeln zu entwickeln, denen sich alle verpflichtet fühlen und die die Basis für Umgang, Kommunikation und agile Arbeitsweisen bilden.

Vor welche weiteren Herausforderungen stellen hybride Teams ihre Führungskräfte über die örtliche und zeitliche Flexibilität und das konsequente Führen mit Zielen hinaus?
Die Führung von hybriden Teams ist die Königsdisziplin. Denn hier treffen analoge, digitale und New Work-Anforderungen aufeinander. Im Grunde muss ja der gesamte Arbeits- und Kommunikations-Workflow sowie auch die Teamkonstellation und Art und Weise der Führung neu gedacht und etabliert werden:
Aufgaben müssen umverteilt und neu priorisiert werden – nicht alle können alles im Homeoffice erledigen, dafür manche aber manches besser. Neue Rollen und Arbeitsweisen entstehen – etwa hybride Meeting-Moderation, die verbindliche Nutzung von Kollaborationsplattformen und bestenfalls auch modernes Wissensmanagement.
Auch systemische Aspekte kommen in asynchronen Teams stärker zum Tragen: Informelle (Meinungs-)Führer, Blockaden in Kommunikation und Kooperation, Gruppendynamiken und Glaubenssätze und vieles mehr... Insofern ist eine neue, hybride Teamaufstellung immer auch eine Chance, Ineffizienzen, mäßige Performance und ungute Konstellationen aufzudecken und neu aufzusetzen. Dabei kann eine neutrale, externe Begleitung sehr hilfreich sein.

Das hört sich erst einmal nach mehr Regeln und Arbeit an, die Unternehmen neben den ständig wechselnden Corona-Regelungen und womöglich auch Verdienstausfällen bewältigen müssen – warum sollten sie das tun?
Ein wichtiger Punkt! Gerade jetzt nach der zweiten und dritten Corona-Welle gilt es, Verluste aufzuholen und möglichst bald wieder Gewinne einzufahren. Da besteht das Risiko, ins „alte Normal“ der zentralen Entscheidungen und des einst mancherorts bewährten „Command and Control“-Stils zurückzufallen. Schließlich ist es nicht nur ein digitaler und organisatorischer, sondern auch ein mentaler Wandel, der vollzogen wird und seine Zeit braucht. Dass dieser bereits im Gange ist, zeigen die Erwartungen der Nachwuchskräfte an ihr Arbeitsumfeld.
Hybride Arbeitssettings und agiles Denken als Unternehmenskultur zu etablieren, ist ein ernst zu nehmender Veränderungsprozess, der sich nicht so schnell wie neue Büros, digitale Tools oder ein Lego-Workshop umsetzen lässt. Wenn Spielregeln und Strukturen aber einmal entwickelt und anerkannt sind und die Teams auch im Sinne von New Work selbstständiger, eigenverantwortlicher, vielleicht sogar innovativer, arbeiten, dann entlastet es auch die Führungskräfte enorm.
Und nicht zuletzt steigert sich mit der Motivation der Mitarbeitenden auch die gewünschte Unternehmensperformance und Innovationsfähigkeit, die wir jetzt so dringend brauchen!

Sie sehen New Work also im Sinne von mehr Eigenverantwortung, Vertrauen und auch Potenzialentfaltung der Mitarbeitenden?
Ja, genau! Neue Arbeit, Arbeit 4.0, Digitalisierung oder was immer wir mit New Work meinen, ist in jeden Fall mehr als Freiobst, Bällebad oder E-Bikes für die Mitarbeitenden ... Und auch mehr als Homeoffice und zeitlich flexibles Arbeiten! Doch was die Transformation von Strukturen und Prozessen angeht und auch die mentale Flexibilität, stehen wir – bis auf einige Vorreiter – noch am Anfang.
Wichtig ist doch perspektivisch, dass Mitarbeitende nicht nur digital zusammenarbeiten, sondern auch Produkte und Dienstleistungen konsequent von den Bedürfnissen der Kunden und Kundinnen beziehungsweise Bürger und Bürgerinnen her denken – etwa eServices wie sie den Behörden mit dem Onlinezugangsgesetz bis 2022 vorgeschrieben wurden.
Für Unternehmen gilt es nun, diese Chance freiwillig zu ergreifen und nach der Digitalisierung auch die Begeisterung, Performance und Innovationsfreude ihrer Mitarbeitenden zu triggern. Da geht es auch darum, New Work im Sinne systematischer Potenzialentfaltung zu entwickeln – und zwar der gesamten Belegschaft und nicht nur der Nachwuchskräfte! Das ist ja auch das, wofür Faircoach mit seinem Ansatz der „High Performance Organisation“ steht.


Faircoach: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Eversloh!

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